„Wenn die Welt stillsteht, sind sie da.“
25 Jahre Kriseninterventionsdienst der Bergwacht Bayern (KID Berg)
Bad Tölz / 23.07.2025; Kein Blaulicht, kein Hubschrauberlärm, keine dramatischen Bilder vom Berg. So leise und unauffällig wie ihre Arbeit im Einsatz ist, verlief auch das Jubiläumstreffen von KID Berg. Anfang Juli kamen rund 70 ehemalige und aktive Mitglieder aus ganz Bayern in der Klostergaststätte in Scheyern (Lkr. Pfaffenhofen a.d. Ilm) zusammen. Die Tragik schwerer Unglücksfälle am Berg ist dem Vorsitzenden der Bergwacht Bayern, Thomas Lobensteiner, sowohl im Kontext der Bergwacht als auch als ambitionierter Bergsteiger wohl bekannt. Er betonte in den kurz gehaltenen Ansprachen an diesem Abend: „KID Berg ist gelebte Solidarität am Berg. Was als Pionierarbeit begann, ist heute unverzichtbarer Bestandteil der Bergrettung. Mein Dank und der Dank all unserer Einsatzkräfte in der Bergwacht Bayern gilt den Kameradinnen und Kameraden, die sich seit 25 Jahre hier ehrenamtlich engagieren.“
Im Sommer 1999 wurde der Kriseninterventionsdienst bei schweren und tödlichen Bergunfällen von der Bergwacht Bayern ins Leben gerufen. In den vergangenen 25 Jahren waren die Bergretterinnen und Bergretter mehr als 2000 Mal im Einsatz, um Angehörige, Tourenpartner oder Beteiligte nach traumatischen Erlebnissen in den ersten Stunden zu unterstützen und zu begleiten – immer dann, wenn Menschen im Gebirge ihr Leben verlieren oder die Folgen eines Unfalls schwerwiegend sind, u.a. auch bei Vermisstensuchen. Der heutige Beauftragte dieses Fachdienstes auf Landesebene, Robert Weissacher von der Bergwacht Hausham, beschreibt die Arbeit mit den Worten: „Unsere Einsätze beginnen, wenn andere aufräumen und der Rettungshubschrauber auf dem Nachhauseflug ist. Wir sind da, wenn der Tod am Berg Realität wird – und wir bleiben, wenn der Schock noch lange nachwirkt.“
Die Brandkatastrophe in der Standseilbahn am Kitzsteinhorn (A) im November 2000 war nicht nur eine extreme Herausforderung sondern auch ein wichtiger Impuls für die Weiterentwicklung des damals noch jungen Sonderdienstes der Bergwacht. Bei dem Unglück verloren 155 Personen ihr Leben, darunter 42 zum Teil sehr junge Menschen aus Deutschland. Viele der Todesnachrichten an die Hinterbliebenen überbrachten die Mitarbeitenden von KID Berg in Begleitung der bayerischen Polizei. Auch der Bedarf an Unterstützung für Einsatzkräfte bei belastenden Einsätzen wurde von Anfang an mit eigenen Angeboten in der Prävention und Akutsituation mitgedacht – damals unter der Begrifflichkeit „Stressbearbeitung bei belastenden Ereignissen (SbE)“.
Die Entwicklung von KID Berg ist unmittelbar mit Heiner Brunner von der Bergwacht Murnau verbunden, der bis 2019 nahezu alle Aus- und Fortbildungskurse leitete, selbst unzählige Einsätze durchführte oder koordinierte. Zu seiner Aufbauarbeit zählt u.a. auch die bis heute bestehende, rund umdie Uhr erreichbare Hotline für Betroffene und Einsatzkräfte – als Koordinierungs- und Unterstützungsangebot, getragen von ehrenamtlich Aktiven von KID Berg. Die Expertise der Bergwacht war von Anfang an gefragt in den bayernweit agierenden Gremien. Heute ist dies der Zentralstellenrat der Zentralstelle PSNV des Bayerischen Innenministeriums an der Staatlichen Feuerwehrschule Geretsried, wo die Bergwacht mit Sitz und Stimmrecht vertreten ist.
Eine zentrale Rolle beim Aufbau und der Entwicklung des Dienstes in der Bergwacht Bayern spielte Dr. Andreas Müller-Cyran. Als Pionier der Krisenintervention im Rettungsdienst in Deutschland unterstützte er – ausgehend von seinem Engagement beim Arbeiter-Samariter-Bund in München – auch in der Bergwacht die fachliche und strukturell notwendige Entwicklung. Nach 25 Jahren als fachlicher Leiter bei der Bergwacht übergibt er diese Aufgabe nunmehr an Angela Hammerl. Die Dipl. Pädagogin und Feuerwehrfrau ist u.a. wissenschaftliche Mitarbeiterin beim Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe und bildet seit vielen Jahren Führungskräfte in der Psychosozialen Notfallversorgung aus.
Infos, Zahlen, Daten
Die Versorgung von Betroffenen sowie von Einsatzkräften wird heute unter dem Oberbegriff Psychosoziale Notfallversorgung (PSNV) geführt. Die Unterstützungsangebote unmittelbar nach dem Ereignis werden unter dem Begriff Psychosoziale Akuthilfe (PSAH) zusammengefasst.
Durch die Vernetzung mit anderen Einheiten der Psychosozialen Akuthilfe (z. B. Rotes Kreuz, evangelische und katholische Notfallseelsorge, ASB) werden KID Berg Einsatzkräfte in den letzten Jahren wiederholt auch bei Großschadenslagen und Katastrophen eingesetzt. KID Berg ist in vielen Landkreisen in Bayern über die Arbeitsgemeinschaften Psychosoziale Notfallversorgung (ARGE PSNV) als festes Mitglied vertreten und wird auch als Leiter oder Fachberater PSNV von den Landratsämtern für die jeweiligen Landkreise benannt und eingesetzt. So kommt es, dass KID Berg auch bei Großschadenslagen wie z. B. dem rechtsextremen Terroranschlag in München 2016 oder dem Hochwasser in Süddeutschland 2024 alarmiert und eingesetzt wurde.
Bergwacht-Zentrum für Sicherheit und Ausbildung
Wir sind der Ort für Ausbildung und Training unter realen Herausforderungen, innovativ, intensiv und nach hohen Standards. Wir ermöglichen Training und Ausbildung für die Rettung von Menschen und die Sicherheit der Einsatzkräfte.
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Bergwacht Zentrum für Sicherheit und Ausbildung
Am Sportpark 6, 83646 Bad Tölz
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